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Corona-Pandemie, Lockerungen und die Gefahren der Triage

Video und Skript für die Rosa-Luxemburg-Stiftung Rheinland-Pfalz

Der erste Schock über die Ausbereitung des Virus Sars-CoV-2 scheint vorbei zu sein, in einem unheimlichen Tempo werden seit dem 20. April viele Beschränkungen wieder aufgehoben. Die Gefahr ist jedoch noch nicht gebannt, Expert*innen warnen vor zu schnellen und zu weitgehenden Lockerungen. Die Kontaktbeschränkungen hatten und haben vor allem ein Ziel: die schnelle Ausbreitung des Virus zu verhindern, damit die Zahl der erkrankten Menschen, die behandelt werden müssen, die Kapazitäten des Gesundheitssystems nicht übersteigt. 

Was passiert, wenn das System überlastet ist, haben wir in Norditalien, in Spanien und in New York gesehen. Was passiert, wenn nicht mehr jeder Patient und jede Patientin, der oder die ein Bett auf der Intensivstation oder ein Beatmungsgerät benötigen, eins bekommen können? Die Leute werden irgendwie versorgt, liegen auf den Fluren oder kommen gar nicht erst ins Krankenhaus. Es sterben weit mehr Menschen, als wenn sie gut versorgt worden wären, und sie sterben unter erbärmlichen Bedingungen. Wenn es soweit gekommen ist, wird es sehr schwierig einen Ausbruch unter Kontrolle zu bekommen. In Italien und Spanien war wochenlang sogar spazieren gehen verboten.

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Kompliziertes Gedenken

Am vorigen Wochenende hätten in der Gedenkstätte Frauenkonzentrationslager Ravensbrück die Gedenkfeierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Befreiung stattfinden sollen. Doch sie mussten wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt werden. In der Jungle World 17/2020

In Fragen, wie wem in dem ehemaligen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gedacht werden soll, gab es in den vergangenen Jahren große Konflikte – zur Rolle des Mädchenlagers, zur Repräsentation der lesbischen Opfer und zuletzt verstärkt zu Vereinnahmungsversuchen durch polnische Rechte.

Im zwei Fahrtstunden nördlich von Berlin gelegenen Ravensbrück ließ die SS 1939 das größte Konzentrationslager für Frauen auf deutschem Boden errichten. Das ursprünglich für 3 000 Häft­linge vorgesehene Lager wurde 1941 um ein Männerlager und 1942 um das »Jugendschutzlager Uckermark« für junge Frauen und Mädchen erweitert. Es gab über 40 Außenlager, in denen die Deportierten Zwangsarbeit leisten mussten. Die Häftlinge stammten aus über 30 Nationen, sie waren unter anderem als Jüdinnen, als Sintize und Romnja, wegen Arbeitsverweigerung, Prostitution oder politischem Widerstand inhaftiert. In dem Konzentrationslager waren bis zur Befreiung etwa 120 000 Frauen und Kinder, 20 000 Männer und 1 200 weibliche Jugendliche eingesperrt. Wie viele Zehntausend von ihnen auf welche Weise, durch Gas, Erschießungen, medizinische Experimente, Zwangsarbeit, Giftinjektionen, Erfrieren oder Auszehrung umgebracht wurden, kann nicht mehr genau rekonstruiert werden. Am 30. April 1945 befreite die Rote Armee das Konzentra­tionslager Ravensbrück mit etwa 2 000 dort zurückgelassenen Kranken. Die Akten der Lagerverwaltung hatte die SS zum großen Teil noch kurz vor der Befreiung des Lagers verbrannt.

2020 hätte ein Jahr der großen Gedenkfeiern an die Befreiung werden sollen, wegen der Covid-19-Pandemie wurden alle Großveranstaltungen abgesagt; auch gehören die wenigen Überlebenden zu der Risikogruppe, die bei einer Ansteckung durch oft schwere Verläufe der Krankheit gefährdet ist. Die scheidende Leiterin der Gedenkstätte, Insa Eschebach, sagt im Gespräch mit der Jungle World, dass 40 Überlebende mit ihren Angehörigen teilnehmen wollten. Die Absage der 30 Veranstaltungen und damit auch der Möglichkeit des Wiedersehens der Überlebenden sei ein »schmerzhafter und trauriger Prozess« gewesen. Man werde versuchen, den Jahrestag der Befreiung auf der Internetseite der Stiftung, sowie über Twitter und auf Facebook mit der Veröffentlichung von eigentlich geplanten Reden, Statements und Bildern von wichtigen Objekten zu begehen.

Die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück war eine der drei Gedenkstätten an Orten ehemaliger Konzentrationslager in der DDR. Das Gedenken konzentrierte sich auf die kommunistischen Widerstandskämpferinnen und schuf ein staatstragendes Frauenbild: stark, solidarisch und fürsorglich. Andere Opfergruppen kamen entweder gar nicht oder nur am Rande vor. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik erweiterte sich das Opfer- und das damit verbundene Frauenbild allmählich, allerdings wurden bislang übergangene Opfergruppen wie »Asoziale« und »Berufsverbrecher« erst im Februar dieses Jahres vom Bundestag als solche anerkannt (Jungle World 8/2020).

Nach der Befreiung nutzte die Sowjetarmee große Bereiche des ehemaligen Konzentrationslagers als Kaserne, auch das Gelände des ehemaligen Mädchenlagers. Die Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V. bemüht sich seit Jahren darum, einen der Öffentlichkeit zugänglichen Gedenkort zu schaffen und auf die vergessenen Opfergruppen aufmerksam zu machen. »Arische« deutsche Jugendliche sollten vor den als unerziehbar oder »sexuell verwahrlost« geltenden Mädchen geschützt werden, auch nach dem Krieg galten die sogenannten Jugendschutzlager nicht als spezifisches nationalsozialistisches Unrecht. Den bereits von den Nationalsozialisten verwendeten Begriff »Jugendschutzlager« lehnt die Initiative als beschönigend ab; sie spricht explizit von einem Konzentrationslager. Die Gedenkstätte verwendet hingegen die historische Bezeichnung, die allerdings auf deren Internetseite in Anführungszeichen steht. Die langjährigen Konflikte zwischen der Initiative und der Gedenkstätte um Repräsentation und Anerkennung haben sich zu einem Nebeneinander zweier Gedenkorte mit unterschiedlichen Ansätzen verfestigt. Um die Befreiungsfeierlichkeiten zu begehen, hat die Initiative in diesem Jahr einen Podcast veröffentlicht. Die eigentlich geplante Eröffnung einer neuen Ausstellung auf dem Gelände muss hingegen verschoben werden.

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Die Wirtschaft soll gesunden

Lobbygruppen hatten zwar nachdrücklich für weitgehende Öffnungen geworben. Doch Bund und Länder einigten sich vergangene Woche nur auf eine vorsichtige Lockerung der Pandemiemaßnahmen. In Jungle World 17/20

Der lockdown wirkt – die Zahl der Infizierten steigt nicht mehr so schnell, es konnte vorerst verhindert werden, dass die Covid-19-Pandemie die derzeitigen Kapazitäten des Gesundheitssystems überfordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte während der Pressekonferenz nach den Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch vergangener Woche mehrmals, der durch die bisherigen Kontaktbeschränkungen erkämpfte Spielraum sei sehr klein. Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von einer »neuen Normalität«, an die sich die Deutschen gewöhnen müssten. In den auf die Pressekonferenz folgenden Tagen konnte man aber auf den Straßen und in den Medien den Eindruck gewinnen, dass vor allem die Worte »Erfolg« und »Normalität« hängengeblieben waren.

Der Druck zur Lockerung der Pandemiemaßnahmen ging vor allem von Armin Laschet aus, dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Kandidaten für den CDU-Vorsitz, der sich auf den Bonner Virologen Hendrik Streeck und dessen sogenannte Heinsberg-Studie berief. Die Pressekonferenz zur Präsentation erster Ergebnisse der Untersuchung hatte in Anwesenheit Laschets in der Staatskanzlei stattgefunden. Die Zwischenergebnisse zur Todesrate und Immunität in der Kleinstadt Gangelt hatte Streeck am Gründonnerstag als repräsentativ für die Bundesrepublik und als Beweis dafür dargestellt, dass das Land »jetzt« wieder geöffnet werden könne. Streeck wurde von der PR-Agentur Storymachine unterstützt, die dem Magazin Capital zufolge in ihrem Kampagnenentwurf prognostiziert hatte, die Studie werde »Wissen« schaffen, mit dessen Hilfe sich ein »Weg zurück zur Normalität« beschreiben lasse – noch bevor überhaupt irgendwelche wissenschaftlichen Ergebnisse feststanden.

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Triage bleibt höchst umstritten

Kritiker*innen sehen eine mögliche Priorisierung von Patient*innen als verfassungswidrig an, im Neues Deutschland 22.04.2020

Die Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen mögen manche zu der Annahme verleiten, das Schlimmste an der Coronakrise wäre bereits überstanden. Allerdings befürchten unter anderem die Bundeskanzlerin und die Helmholtz Gesellschaft, dass die Zahlen der Infizierten und Schwerkranken wieder ansteigen. Im schlimmsten Fall könnten dann – wie schon in anderen Ländern – die Intensivbetten und Beatmungsgeräte knapp werden. Dann müssten Ärzt*innen entscheiden, wer eine lebensrettende Behandlung bekommt.

Ende März hatte die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ihre Empfehlungen zur Priorisierung von Patient*innen veröffentlicht. Auch der Deutsche Ethikrat ging in seinen Ad-hoc-Empfehlungen darauf ein. Beide wurden dafür scharf kritisiert.

Das Forum behinderter Juristinnen und Juristen (FbJJ) schreibt in seiner Stellungnahme, dass »solche Abwägung von Leben gegen Leben zuvorderst gegen die elementarsten Grundsätze der deutschen Rechtsordnung« verstoßen. Anders als vom Ethikrat angenommen dürfe der Gesetzgeber solche Festlegungen aber nicht den Ärzt*innen selbst oder deren Fachgesellschaften überlassen, sondern müsse »im Rahmen der verfassungsrechtlich Zulässigen Kriterien für die Abwägung aufstellen«.

Zwar schreiben die Fachgesellschaften, dass eine Priorisierung nicht allein aufgrund des Alters oder sozialer Kriterien vorgenommen werden dürfe, aber die Ausrichtung auf vermutete verbleibende Lebensqualität oder Erfolgschancen könnten indirekt doch dazu führen, dass ältere, vorerkrankte oder behinderte Menschen benachteiligt würden, befürchten die Betroffenen. Das FbJJ hält eine solche Auswahl für »verfassungsrechtlich nicht zulässig«, da Personen »ihr Recht auf Leben trotz hoher Erfolgsaussicht der Behandlung im konkreten Einzelfall abgesprochen werden könnte, weil anhand abstrakter Kriterien die Erfolgsaussicht einer anderen Person als höher bewertet würde«.

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Lockerungsübung für die Wirtschaft

Leopoldina Die Akademie kann sich in ihrer Stellungnahme für einen Corona-Exit-Plan zu keinem einzigen Vorschlag durchringen, der Menschen entlastet – anstelle der Ökonomie. Freitag online, 14.04.20

Den seit Ostermontag viel diskutierten Empfehlungen der Leopoldina liegt keine Studie zugrunde, sondern es handelt sich um die ad hoc-Stellungnahme einer aus 26 Professor*innen bestehenden Arbeitsgruppe. „Ad hoc“ ist Latein und bedeutet soviel wie „spontan, ohne Vorbereitung“. Und das passt, denn die Stellungnahme liest sich teilweise, als wären es zusammengetackerte Meinungsäußerungen von selbsternannten Facebook-Corona-Experten – seltsam detailliert, selten gut begründet und oft unlogisch.

Die Wissenschaftsakademie will „Die Krise nachhaltig überwinden“, so zumindest der Titel der Stellungnahme. Nachhaltig klingt gut, ist aber vielleicht etwas viel versprochen, wenn noch nicht einmal der Peak der Infektionen abzusehen ist, also leider noch völlig unklar bleibt, wie schlimm die Krise welche gesellschaftlichen Bereiche treffen wird.

Ein für alle sehr frustrierender Faktor der jetzigen Situation ist das geringe Wissen über das Virus, die genauen Ansteckungswege und Krankheitsverläufe. Die mangelnden Testkapazitäten und die sehr unterschiedlichen Gesundheitssysteme in anderen Ländern erschweren die Vergleichbarkeit und damit eine gute Situationseinschätzung und Prognose. Gerade für Wissenschaftler*innen ist es unbefriedigend, halbwegs zutreffende Daten über die Infektionshöhe immer erst zwei Wochen später zu erhalten. Die Leopoldina reagiert auf diese Situation wie ein Kleinkind, das sich auf den Boden wirft und „ich will aber“ schreit: mehr Tests, mehr Daten, mehr Studien, Bewegungstracking, schnellere und realistischere Modellierungen. Man meint im Hintergrund das Gerangel der Lehrstühle und Universitäten um lukrative Forschungsaufträge zu hören.

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Verrückt und flauschig

Die beliebte Miniserie „Tiger King“ zeigt bizarre Menschen und ihre Großkatzen. Die Tiere dienen dabei primär als Schocker. Um ihr Wohlbefinden geht es nicht. In der taz, 06.04.2020

Die beliebte Doku-Miniserie „Tiger King“ hat alles, um das Publikum von der Coronakrise abzulenken: bizarres Personal, unglaubliche Plot­twists, eine Blutfehde und Tiger.

Während man sich bei weniger intensiven Seherlebnissen mittlerweile dabei erwischt, wie man kontrolliert, ob die Menschen, die zu sehen sind, den Corona-Sicherheitsabstand einhalten, ist die Story um den schwulen Privatzoobesitzer und „Tiger King“ Joe Exotic zu krass für solche Gedanken. Keine einordnende Stimme aus dem Off unterbricht die egomanen Protagonist*innen, wenn sie von ihrer Parallelwelt erzählen, von Tigern, Löwen, Pumas, von Affen, Kamelen und Alligatoren, von Mordaufträgen, FBI-Agenten, Polygamie und Präsidentschaftskandidaturen.

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Entscheidung über Leben und Tod

Wenn Kliniken überlastet sind, stehen schwere Abwägungen an. Eine Empfehlung von Medizinern stößt auf Kritik. Im Neuen Deutschland, 06.04.2020

Was passiert, wenn die Zahl der an Covid-19 Erkrankten so stark ansteigt, dass die Kapazitäten des deutschen Gesundheitssystems nicht mehr zur Versorgung aller Schwerkranken ausreichen? Sieben medizinische Fachgesellschaften haben dieser Tage ein Papier mit klinisch-ethischen Empfehlungen veröffentlicht, das als Hilfestellung bei den zu erwartenden Entscheidungskonflikten dienen soll. Es geht um eine als Triage bekannte Priorisierung von Kranken nach ihrer Überlebensfähigkeit, die aus der Kriegs- und Katastrophenmedizin des 18. Jahrhunderts stammt.

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Lebensfremde Voraussetzungen

Aus Angst vor Kontakt gibt es zu wenig Blutspenden. FDP-Politiker*innen fordern jetzt, das Spendeverbot für Transpersonen aufzuheben. taz online, 05.04.20202

Um die Covid-19-Pandemie zu überstehen, braucht das Gesundheitssystem nicht nur ausreichend Schutzkleidung, Intensivbetten und Beatmungsgeräte, sondern auch Blutkonserven. Das Kontaktverbot hält die Leute offensichtlich vom Blutspenden ab. Schon Mitte März hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gewarnt, dass die Versorgung bald nicht mehr lückenlos gesichert sei und zu vermehrten Blutspenden aufgerufen.

Diese Situation haben zwei Bundestagsabgeordnete der FDP genutzt, um erneut darauf aufmerksam zu machen, dass sexuell aktive homo- und bisexuelle Männer sowie Trans*-Personen von der Blutspende faktisch ausgeschlossen sind. Der LSBTI-politische Sprecher der FDP, Jens Brandenburg, und Katrin Helling-Plahr, die im Gesundheitsausschuss sitzt, haben in dieser Woche in Briefen (hier via Queer.de) an den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, appelliert, die „lebensfremde Voraussetzung von 12 Monaten Enthaltsamkeit“ aufzuheben und die Regeln an dem „tatsächlichen Risikoverhalten“ statt an der „sexuellen Identität“ auszurichten.

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Abbruch in virigen Zeiten

Die Covid-19-Pandemie könnte den Zugang zu Beratungsstellen, die straffreie Schwangerschaftsabbrüche ermöglichen, akut gefährden. Schon vorher gab es Versorgungsengpässe. In Jungle World 14/2020

Wenn im Gesundheitssystem Ressourcen konzentriert werden, um auf den erwarteten Bedarf an Intensivbetten und Beatmungsgeräten vorbereitet zu sein, bleiben diejenigen auf der Strecke, deren Bedürfnisse als weniger wichtig eingeschätzt werden. Dazu gehören ungewollt Schwangere – umso mehr, als die Erfüllung ihres Wunsches, nicht mehr schwanger zu sein, eine Straftat darstellen kann.

Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland keine normalen medizinischen Leistungen, sondern fallen im Strafgesetzbuch unter die Straftaten gegen das Leben. Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche sind nicht legal, aber straffrei möglich, wenn sich die ungewollt schwangere Person von einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle hat beraten lassen und danach drei Tage über ihre Entscheidung reflektiert hat.

Bereits vor der Coronakrise gab es teilweise eklatante Probleme für Frauen, die fristgerecht dieses Prozedere be­folgen wollten, und diese Probleme verschärfen sich nun. In einer Pressemit­teilung haben der neu gegründete Verein Doctors for Choice und die noch in Vereinsgründung befindliche Gruppe Pro Choice zusammen mit den altein­gesessenen Organisationen AKF (Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft) und Pro Familia davor gewarnt, dass dadurch Leben und Gesundheit von Frauen in Gefahr seien. Aufgrund der Covid-19-Pandemie sei der Zugang zu straffreien Schwangerschaftsabbrüchen akut gefährdet.

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Armut auf Pump

Die Bundesregierung will die sozialen und wirtschaftlichen Probleme lindern, die aus der Coronakrise folgen. Das Kabinett beschloss am Montag weitreichende Maßnahmen. In der Jungle World 13/2020

Kommt jetzt die allgemeine Ausgangssperre? Diese bange Frage beschäftigte am Wochenende viele Menschen. Die Antwort kam, wie so vieles in dieser Krise, scheibchenweise. Als erste größere Stadt Deutschlands beschloss das nahe an der französischen Grenze liegende Freiburg weitgehende Ausgangsbeschränkungen, als erstes Bundesland verhängte Bayern am Wochenende ebenfalls Ausgangsbeschränkungen. Das Saarland und mehrere andere Bundesländer folgten. Die Bezeich­nungen Ausgangssperre und lockdown wurde tunlichst vermieden. Bei einer Telefonkonferenz am Sonntagnachmittag verständigten sich die Bundesregierung und die Länder auf Leitlinien zur sogenannten Kontaktbeschränkung. Soziale Kontakte sollen so weit wie möglich reduziert werden, im öffent­lichen Raum sollen sich die Menschen nur noch zu zweit aufhalten, davon ausgenommen sind Familienmitglieder oder Mitbewohner. Die sehr weitgehenden Regeln sollen für mindestens zwei Wochen gelten. Bayern blieb bei seiner bereits vorher verabschiedeten härteren Linie, dort dürfen sich nur Personen aus dem selben Hausstand gemeinsam draußen bewegen. Hessen und Sachsen verabschiedeten ähn­liche Regelungen.

Die portionsweise Darreichung hat ihren Sinn: Man kann sich auf jede Beschränkung und Verschärfung einstellen, bevor die nächste kommt. In einer ohnehin intellektuell und emotional schwer zu bewältigenden Situation braucht man Zeit, um sich an neue Verbote zu gewöhnen und deren Sinn einzusehen. Dieser Effekt war auch vor den neuen Verschärfungen zu beobachten: Gab es in Berlin in der Nacht von Donnerstag auf Freitag fast 100 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz, vor allem gegen Kneipen und Restaurants, die trotz der Beschränkungen geöffnet hatten, stellte die Polizei in der Nacht zu Samstag nur noch 26 Strafanzeigen. Die Spielplätze, Parks und Plätze leerten sich.

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