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Covid: Impfen mit und ohne Empfehlung

Die Stiko will die Regeln für Corona-Impfungen ändern: Die meisten Menschen bräuchten demnach keine Auffrischung mehr, im nd vom 28. April 23

Auch für die Ständige Impfkommission (Stiko) scheint die Corona-Pandemie vorbei: In einer in dieser Woche veröffentlichten Empfehlung wird die Dringlichkeit einer Impfung stark eingeschränkt. Damit sind viele nicht zufrieden.

Für nicht vorerkrankte Kinder und Jugendliche sieht die Stiko gar keine Notwendigkeit zur Impfung mehr, für nicht vorerkrankte Erwachsene reiche eine »Basisimmunität«, bestehend aus zweifacher Grundimmunisierung mit einem Booster oder einer Infektion. Nur für über 60-Jährige, Personen mit »relevanten Grunderkrankungen«, Heimbewohner*innen sowie für medizinisches und pflegerisches Personal empfiehlt die Stiko eine jährliche Impfauffrischung. mehr … Covid: Impfen mit und ohne Empfehlung

Selbstbestimmungsgesetz: Emanzipation kommt langsam

Die Regelung für eine vereinfachte Änderung des Geschlechtseintrags nimmt Formen an, in nd am 28. April 23

Menschen, die sich nicht dem bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht zugehörig fühlen, sollen mit dem Selbstbestimmungsgesetz künftig einfacher ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern können. Statt wie bisher nach dem Transsexuellengesetz langwierige und teure psychologische Gutachten in einem Gerichtsverfahren einbringen zu müssen, soll die Personenstandsänderung in Zukunft mit einem Gang zum Standesamt erledigt werden können. Ziel des Gesetzes sei es, die Änderung des Geschlechtseintrags »zu vereinheitlichen, zu entbürokratisieren und eine selbstbestimmte Änderung der Geschlechtsidentität zu regeln«, heißt es in dem Entwurf, der dem »nd« vorliegt. Wie bisher kann zwischen den Einträgen männlich, weiblich, divers und kein Eintrag gewählt werden. »Dem TSG liegt ein medizinisch veraltetes, pathologisierendes Verständnis von Transgeschlechtlichkeit zugrunde«, heißt es zur Notwendigkeit einer Reform in der Begründung des Gesetzentwurfs.mehr … Selbstbestimmungsgesetz: Emanzipation kommt langsam

„Ich bin noch nicht so weit“

Gespräch mit dem Sänger Torsun Burkhardt von Egotronic über Krebs, Chemotherapie und gute Unterstützung, in der taz vom 19. Mai

Torsun und ich, wir kennen uns, wie man sich in linksradikalen, antideutschen Kreisen eben kennt. Wir sind nicht wirklich befreundet, aber begegnen uns seit Jahren immer wieder auf Partys oder in Kneipen. Als Torsun überlegt, ob er seine Krebserkrankung öffentlich machen soll, fragt er mich um Rat, weil ich mit meiner Erkrankung vor zwei Jahren recht offen umgegangen bin. Dabei entsteht die Idee, unser Gespräch öffentlich zu machen. Anfang April klappt es mit dem Interview. Wir sprechen per Videochat, Torsun auf seinem Sofa, ich an meinem Schreibtisch.

wochentaz: Hallo Torsun, wie geht es dir gerade?

Torsun Burkhardt: Schon wieder besser. Die drei aufeinanderfolgenden Tage, an denen ich die Chemotherapie kriege, und etwa sieben Tage danach ist mir so übel und ich hab so wenig Kraft, das ist richtig ekelhaft. Aber jetzt, 13 Tage nach der Chemo, kann ich schon wieder Sachen machen, unter anderem auch dieses Interview. Das wäre vorher nicht gegangen.

Wir machen ja kein klassisches Interview, sondern sprechen als Krebsbetroffene miteinander. Wenn wir uns verquatschen und du dann was nicht abgedruckt haben willst, sag einfach Bescheid.

Das ist ein gutes Konzept, finde ich. Eher so miteinander zu reden, über die Dreckskrankheit, die Behandlung und den Umgang damit. Ich wollte dich ja auch Dinge fragen. Und da ich mich entschieden habe, die Krankheit öffentlich zu machen, kann man das auch alles veröffentlichen, ich bin da sehr pflegeleicht. Viele Sachen, die ich sage, sind vielleicht etwas trocken, aber ich möchte nicht missverstanden werden. Ich bin kein tougher Typ, der das alles heroisch trägt. Ich weine auch öfter, weil es einfach scheiße ist und mir nicht gut geht.mehr … „Ich bin noch nicht so weit“

Keine Verbote sind auch keine Lösung

Wie mit dem offenen Antisemitismus auf propalästinensischen Demonstrationen umgehen? Jedenfalls nicht, indem Linke das Problem kleinreden, Kommentar im nd vom 15.04.2023

Angesichts der rassistischen Ressentiments und Abschiebeforderungen, die sich in den Kommentaren auf Twitter und Youtube unter den Videos von der Berliner Demonstration in Solidarität mit palästinensischen Gefangenen am 8. April Bahn brechen, ist es ein verständlicher linker Impuls, sich dagegen zu stellen. Auch die Forderungen nach Verboten von Organisationen und Demonstrationen sowie nach einer Verschärfung des Versammlungsrechts lösen Misstrauen und einen bauchlinken Reflex der Solidarität gegen staatliche Repression aus.

Nun hat die Polizei zwei ähnliche für diesen Samstag in Berlin angemeldete Demonstrationen untersagt, da die unmittelbare Gefahr von volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichung und Gewalttätigkeiten bestehe. Für im Stadtteil lebende Jüd*innen dürfte das eine Erleichterung sein, da es so ein bisschen weniger gebündelte Wut gibt, die sich eben nicht gegen die israelische Regierung, sondern auch gegen einzelne als jüdisch wahrgenommene Menschen richtet.mehr … Keine Verbote sind auch keine Lösung

Corona-Lockdown: Nicht alles schlecht

Beschwerden über völlig überzogene Regelungen zur Eindämmung der Pandemie sind weit verbreitet, im nd 22.03.2023

Unpopuläre Tatsachen: Die Lockdowns in Deutschland zu Beginn der Pandemie und im ersten Covid-Winter waren notwendig und im Vergleich mit anderen Ländern ziemlich harmlos. Zudem gab es für die betroffenen Gewerbe wie Handel und Gastronomie recht großzügige Ausgleichszahlungen.

Die Schutzmaßnahmen haben Leben gerettet, als die Gefahr bestand, dass nicht alle schwer Erkrankten (intensiv)medizinisch versorgt werden könnten. Sie hatten das Ziel einer allgemeinen Kontaktbeschränkung, um Ansteckungen weitgehend einzuschränken. Das war relativ unspezifisch in die Breite gezielt und lädt heute dazu ein, übertriebene Maßnahmen zu beklagen oder sich über eine absurde Regulierungswut lustig zu machen. Aber man erinnere sich: Zu Anfang der Pandemie gab es noch kaum Wissen über mögliche Ansteckungswege, keine Impfungen und keine einfachen Testmöglichkeiten. Beispielsweise wurde zu viel Energie in Empfehlungen zum richtigen Händewaschen und zu wenig Aufmerksamkeit in den Atemschutz investiert – wie lange man mit selbstgenähten Stoffmasken herumgelaufen ist und wie spät erst die Debatte um Luftfilter aufkam, ist im Rückblick durchaus bemerkenswert.mehr … Corona-Lockdown: Nicht alles schlecht

Long-Covid: Nicht genügend Hilfe

Betroffene von Long Covid fordern mehr Forschung für wirksame Medikamente, im nd vom 18.03.23

Die Sitzreihen im Bundestag waren recht übersichtlich besetzt, als das Parlament am Mittwoch einen Antrag der CDU/CSU zur besseren Versorgung von Long- und Post-Covid-Betroffenen beriet. Auch die Regierungsbank war weitgehend leer, die Minister*innen für Gesundheit (Karl Lauterbach, SPD), Forschung (Bettina Stark-Watzinger, FDP) und Finanzen (Christian Lindner, FDP) glänzten durch Abwesenheit. Das mag bei einem Antrag einer Oppositionspartei nichts Ungewöhnliches sein, problematisch könnte es aber erscheinen, wenn im vierten Jahr der Corona-Pandemie und am ersten internationalen Long Covid Awarenss Day die Regierung Betroffene von Long- und Post-Covid weiter mit Versprechungen hinhält, statt konkrete Zusagen für ein Hilfs- und Forschungsprogramm zu machen.

In Deutschland geht man von einer Million Betroffenen aus, die nach einer Corona-Infektion lange unter teils schweren gesundheitlichen Einschränkungen leiden, weltweit sind es Schätzungen zufolge etwa 65 Millionen Menschen. Zu den lang anhaltenden Folgen können so unterschiedliche Symptome gehören wie Schwindel, Schmerzen, Konzentrationsstörungen, Atembeschwerden und Fatigue, also Erschöpfung, bis hin zu dauerhafter Bettlägerigkeit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von mehr als 200 verschiedenen Symptomen aus.mehr … Long-Covid: Nicht genügend Hilfe

Dauergast Covid

Für die meisten Menschen ist wieder eine trügerische Normalität eingezogen, im nd, 12.03.2023

Alles wieder gut? Seit Anfang März ist nun auch noch die Maskenpflicht für Beschäftigte in Heimen und medizinischen Einrichtungen weggefallen. Dabei halten die winterlichen Temperaturen an und die Krankenstände im Gesundheitswesen sind schwindelerregend hoch. Lediglich für Patient*innen in Arztpraxen und für Besucher*innen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen medizinischen Einrichtungen gibt es noch eine Maskenpflicht – bis zum 7. April, wenn das Infektionsschutzgesetz ausläuft.

Da die Test- und Isolationspflicht bei Erkrankung aufgehoben wurde, können nun auch coronainfizierte Pfleger*innen zur Arbeit gehen, ihnen wird das Tragen einer Maske immerhin weiter empfohlen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begründete den frühzeitigen Wegfall der Maskenpflicht mit der »stabilen Infektionslage«. Die Maskenpflicht bei Besuchen im Heim »sollte uns der Schutz vulnerabler Gruppen wert sein«, fuhr er fort. Mehr als das aber offenbar auch nicht. Wer Verwandte oder Bekannte hat, die im Krankenhaus liegen oder im Heim wohnen, dem wäre mehr Schutz wohl so einiges wert, genauso wie den Menschen mit Vorerkrankungen oder Immunproblemen, die nicht in Einrichtungen leben. Aber das ist nun nicht mehr vorgesehen, ihnen bleibt nur der Selbstschutz. Für den Gesundheitsminister hat »die Pandemie ihren Schrecken verloren«. Das Virus sei »im Alltag beherrschbar«. Kommt halt drauf an, von wessen Alltag man ausgeht.

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Gefährliche Normalität

Covid: Die Maskenpflicht in Zügen fällt und das RKI ändert seine Risikobewertung, im nd 03.02.2023

Das Robert-Koch-Institut stuft die Gefahr der Covid-Pandemie nur noch als »moderat« ein. Begründet wird die Herabstufung mit einer deutlichen Abnahme schwerer Krankheitsverläufe. Auch gebe es derzeit keine Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems mehr. Die Beschäftigten in Altenheimen und Krankenhäusern könnten hier etwas anderer Meinung sein, erst Mitte Dezember war der Personalmangel beispielsweise an der Berliner Charité wieder so schlimm geworden, dass elektive Operationen abgesagt und Betten gesperrt wurden. 

Auch die Abschaffung der Maskenpflicht in Fernzügen begründete das Bundeskabinett mit der Entspannung der Lage und dem Erfolg der bisherigen Schutzmaßnahmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rief dazu auf, die Maske freiwillig weiter zu tragen.

Weiterhin müssen Besucher*innen von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen bis zum 7. April, wenn das Infektionsschutzgesetz ausläuft, FFP2-Masken tragen, für den Zutritt zu Kliniken und Pflegeheimen braucht es außerdem einen negativen Schnelltest. In Nordrhein-Westfalen reicht seit Weihnachten ein privat durchgeführter Test, der auch nicht vorgezeigt werden muss – eigentlich reicht es also, zu sagen, man habe sich getestet. 

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“Culture of life versus Culture of death” – The Culture War of the German “Pro‑life” movement

Englischer Text zu Abtreibung, der „Lebensschutz“-Bewegung und Pränataldiagnostik auf illiberalism.org, 10.01.2023

The “pro-life” movement is part of the extreme right that has gained momentum in the U.S. due to the Supreme Court’s decision to overrule Roe v. Wade (1973), which granted women with unwanted pregnancies the right to an abortion. The German “pro-life” movement desires to make a similar impact but simultaneously tries to hide this motivation to appear moderate. Leaders often claim that they only push for a real abiding of the law, not for a tightening of it.

This might seem moderate, even liberal from the outside. However, Germany’s regulation of abortion is particularly complicated and, of course, the Right’s claim is not entirely true but is rather an acknowledgment of the political atmosphere surrounding the topic. Although they wage a cultural war on women’s and LGBTIQ rights, the leaders of the Right try to pretend that they are only fighting for the rights of “unborn babies,” people with disabilities, and mothers-to-be. So, let’s dig deeper into the situation in Germany, the discourse around disability and prenatal testing, and the rhetoric of the “pro-life” movement.

Abortion laws

There are many myths around German abortion laws, with most people believing that abortion is legal, when in fact this is only true in a few rare cases. Even on a progressive website mapping abortion laws, Germany is listed as abortion is possible “on request.”  People with more insight still believe that the current law is a “good compromise” that serves everyone.

Abortion is generally illegal and punishable by a fine or imprisonment of up to three years under Section 218 of Germany’s Criminal Code. Until the 12th week of pregnancy, a pregnant person can seek an abortion without being punished after compulsory counselling and a three-day waiting period. These kinds of abortions are “unlawful but not punishable.”

The obligation to seek counselling before an abortion is regulated in Section 219 of the Criminal Code and specified in the Pregnancy Conflict Act, but their formulations contradict each other. The Criminal Code states that “counselling serves to protect unborn life” and should “encourage the woman to continue the pregnancy,” while the Conflict of Pregnancy Act states that counselling “serves the protection of unborn life” but should be “free from any bias” and “encourage and inspire understanding, not instruct or patronize.”

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Bestenfalls naiv

Die Aufhebung der Maskenpflicht im Fernverkehr ist ein Fehler

Kommentar in nd, 14.01.2023

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will »einfach mehr auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit setzen« und zum 2. Februar die Maskenpflicht in ICEs aufheben. Bald sind Masken wohl nur noch im Gesundheitsbereich Pflicht. Freiwilligkeit funktioniert aber nur, wenn Menschen verstehen, warum es in ihrem eigenen Interesse und in dem ihrer Lieben ist, sich vorsichtig zu verhalten.

Wenn aber das Problem als eigentlich erledigt erscheint, verhält man sich nicht vorsichtig, vor allem wenn die Vorsichtsmaßnahmen nervig und unbequem sind. Das Tragen von Masken dient neben dem Selbstschutz auch dem Fremdschutz. Unbequemlichkeiten für andere, fremde Menschen nimmt man in Kauf, wenn man die Notwendigkeit einsieht, es ein starkes Gefühl der solidarischen Verantwortlichkeit füreinander gibt oder wenn man halt muss.

Aus der von einigen zu Anfang der Pandemie erhofften Solidargemeinschaft ist offensichtlich nichts geworden. Die Informationslage zum Stand der Pandemie ist schlecht – das ließ sich zuletzt gut an dem Interview mit Christian Drosten verfolgen, das viele Medien mit einem knackigen »Die Pandemie ist vorbei« zusammenfassten. So etwas kommt Leuten, die die aktuell weiter hohen Todeszahlen nicht verfolgen und die Gefahr von Long Covid lieber verdrängen möchten, gerade recht. Wenn jetzt sogar der häufig als ewiger Mahner und notorische Nervbacke verschriene Lauterbach die Maskenpflicht abschaffen will – dann ist doch alles bestimmt wieder in Ordnung, oder?

In dieser Situation auf Freiwilligkeit zu setzen, ist im besten Fall naiv. Was Personen mit erhöhtem Risiko bleibt, ist individueller Schutz. Glücklicherweise gibt es mittlerweile Nasensprays, die Viren und Infektionen abwehren können, leider sind diese nicht ganz billig. Vielleicht muss #TeamVorsicht anfangen, einen Fonds dafür einzurichten.