Bücher
Selbstbestimmte Norm
Feminismus, Pränataldiagnostik, Abtreibung
Die 2. Auflage ist da! Sie ist leicht überarbeitet (siehe unten) und kostet leider 22 Euro, weil die Zuschüsse für die erste Auflage aufgebraucht sind. Der Verlag soll ja nicht draufzahlen, wenn schon niemand was damit verdient.
Broschur, 224 Seiten
Preis: 22,00 €
ISBN: 9783957321206
Auch als E-Book in allen einschlägigen Stores erhältlich (PDF für 9,99 €).
Der Klappentext:
Sollen Feministinnen jede Art von Abtreibung verteidigen? Können Entscheidungen überhaupt selbstbestimmt getroffen werden? Welche Art von Wissen entsteht durch pränatale Untersuchungen? Dienen sie der Vorsorge oder sind sie behindertenfeindlich?
Kirsten Achtelik lotet in ihrem Buch das Spannungsfeld zwischen den emanzipatorischen und systemerhaltenden Potenzialen des feministischen Konzepts „Selbstbestimmung“ in Bezug auf Abtreibung aus. So mischt sie sich in die aktuellen feministischen Debatten um reproduktive Rechte ein, die mit den zunehmenden Aktivitäten und Demonstrationen von „Lebensschützern“ wieder aufgeflammt sind.
Zugleich ist es ihr Anliegen, einer neuen Generation von Aktivistinnen und Aktivisten die Gemeinsamkeiten und Konflikte der Frauen- und Behindertenbewegung sowie die inhaltlichen Differenzen zwischen Frauen mit und ohne Behinderung verständlich zu machen. Vor allem aber stellt sich Achtelik der dringend zu klärenden Frage, wie ein nicht selektives und nicht individualisiertes Konzept von Selbstbestimmung gedacht und umgesetzt werden kann.
Das Inhaltsverzeichnis und die Einleitung gibt es als Leseprobe.
Änderungen zur 2. Auflage
Die Änderungen und Reperaturen in der 2. Auflage finden sich auf folgenden Seiten:
S. 54 (Fußnote fehlte)
S. 63 (Satz ergänzt)
S. 104 (Fußnote fehlte)
S.139 (Quelle war missverständlich zitiert)
S. 171 (Name war falsch geschrieben)
S. 179 (kleine inhaltliche Verbesserung)
S. 188 (Jahreszahl Quelle war falsch)
Pressestimmen
Gut nachvollziehbar arbeitet die Autorin die historische Entwicklung von feministischen Kämpfen, staatlichen Gesetzen und gesellschaftlichen Normen heraus und macht deutlich, welche Widersprüche in heute scheinbar klaren Forderungen liegen können: «Die Optimierung des eigenen Lebens lässt den neoliberalen Gesellschaftsumbau unhinterfragt», schreibt sie.
Rezension von Ruth Weismann in der österreichischen Straßenzeitung Augustin
Interessenspolitik von und für Menschen mit Behinderung und Feminismus spielt die Autorin nicht gegeneinander aus. Stattdessen macht sie Konfliktlinien und Berührungspunkte verständlich. Überzeugend legt sie dar, dass es konsequent ist, sowohl für die prinzipielle Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen, als auch gegen selektive Abtreibung normabweichender Embryos zu argumentieren. Einige Untersuchungen der Pränataldiagnostik (PND) brächten keinen gesundheitlichen Mehrwert mit sich. Entsprechend seien sie nicht als Prävention, sondern als Entscheidungsgrundlage für Selektion zu verstehen. Indem sie auf gesellschaftliche Normierungen verweist, illustriert die Autorin, dass gegenwärtige feministische Verständnisse von Selbstbestimmung zu kurz greifen.
Rezension von Anna Schreiner in der fzg – Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien
Letztlich zeigt das Buch von Achtelik, wie widersprüchlich Subjekte im Zeitalter der Pränataldiagnostik angerufen werden und dass Behindertenfeindlichkeit mit jeder neuartigen, biomedizinischen Technologie nicht neu erfunden, sondern lediglich neu ausgestaltet wird. Es entstehen neuartige, behindertenfeindliche Praxen, die im Prinzip das Gleiche (Behindertenfeindlichkeit) verhandeln wie vor der Einführung solcher Technologien. Man könnte auch sagen, es kommt zu einer Modernisierung von Behindertenfeindlichkeit, in die der politische wie akademische Feminismus nicht unwesentlich verstrickt sind. Ebenso ist klarzustellen, dass Behindertenfeindlichkeit oder Mysogenie nicht genuin im Wesen von Gen- und Reproduktionstechnologien angesiedelt sind, sondern erst in den konkreten Praxen ihrer Anwendung ausgestaltet werden.
Rezension von Heike Raab, in Querelles, der Rezensionszeitschrift für Frauen- und Geschlechterforschung
Ihre Thesen ordnet Kirsten Achtelik in den historischen Kontext ein und gibt Einblicke in die feministischen Kämpfe um die Abschaffung des Paragrafen 218, die Behindertenbewegung und deren Berührungspunkte miteinander. Dabei zeigt sie auf, wo die Bewegungen gemeinsam für eine Sache eingetreten sind, aber auch, wo es Probleme gab. Durch diese Gegenüberstellung wird das Buch spannend und gibt viele Anregungen für eine neue Diskussion rund um das Thema Selbstbestimmung von Frauen.
Lisa-Marie Davies / Missy Magazine
Kirsten Achtelik nimmt in ihrem Buch eine klare Haltung gegen solche behindertenfeindlichen, “ableistischen” Narrative und Praktiken ein. Sie zeigt, dass das möglich ist, ohne den feministischen Grundkonsens – nach Abschaffung des Paragrafen 218 – aufzugeben: Man kann kohärent argumentieren sowohl für reproduktive Selbstbestimmung von Frauen* als auch gleichzeitig gegen Behindertenfeindlichkeit. […] Sehr lesens- und bedenkenswert!
Ihr gelingt es, Auseinandersetzungen, Gemeinsamkeiten sowie Spannungen zwischen den Bewegungen verständlich aufzuzeigen und deren Verbindung rund um das Prinzip der Selbstbestimmung auszuloten. Im Schlusskapitel greift sie aktuelle bewegungspolitische Entwicklungen auf und formuliert daraus differenzierte Vorschläge eines Verständnisses von „Selbstbestimmung ohne Selektion“ – der stärkste Teil ihres lesenswerten Buches.
Jessica Schülein / ak – analyse und kritik
Mit ihrem Buch liefert Achtelik einen wichtigen, neuen Anstoß für die Kritik am Selbstbestimmungsbegriff. Diese Diskussion gilt es fortzusetzen.
Catrin Dingler / Woxx – Luxemburgische Wochenzeitung
Ihre Beobachtung der Hilflosigkeit sowohl traditionell feministisch als auch behindertenpolitisch agierender Gruppierungen gegenüber einer in den 2000er Jahren wiedererstarkenden Lebensschützerbewegung bilden den Ausgangspunkt ihres fundierten Rückblicks in die jüngere Geschichte der beiden Bewegungen und ihrer Überschneidungen. Dass Achtelik dabei nicht nur die politische Ebene der sozialen Bewegungen berücksichtigt, sondern ihre Auseinandersetzungen mit den Entwicklungen auf medizinischem und juristischem Gebiet mit einbezieht, macht ihr Buch besonders interessant.
Gottfried Oy / Sozial.Geschichte Online
Statt das Recht auf Abtreibung und die Kritik an Pränataldiagnostik gegeneinander auszuspielen, fordert Achtelik, beides zusammen zu denken. Sie tritt ebenso für die Streichung des § 218 und Legalisierung der Abtreibung – unabhängig von einer Diagnose – ein wie für die Abschaffung einer standardisierten Pränataldiagnostik…
Claire Horst / AVIVA. Online Magazin für Frauen
Kirsten Achteliks Auseinandersetzung mit dem (feministischen) Selbstbestimmungsbegriff ist unbedingt lesenswert! Denn sie versucht, den vielseitig und viel zu oft beliebig verwendeten Begriff vom Kopf auf die Füße zu stellen, indem sie ihn mit der Praxis pränataler Selektion konfrontiert.
Uta Wagenmann / Gen-ethischer Informationsdienst
Auf beeindruckende Weise analysiert Kirsten Achtelik in „Selbstbestimmte Norm“ die Forderung nach Selbstbestimmung und dem Recht auf Abtreibung innerhalb der autonomen Frauen*- und Behinderten- bzw. „Krüppelbewegungen“ sowie die Geschichte der pränataler Diagnostik (PND) und Eugenik in Deutschland. Sie zeichnet dabei wichtige Konfliktlinien, Widersprüchlichkeiten und behindertenfeindliche Komponenten innerhalb feministischer Auseinandersetzungen nach.
Judith Goetz / an.schläge – das feministische Magazin
Ein anspruchsvolles Buch, das aktuelle Debatten aufgreift, deren historische Entwicklung beleuchtet und Lösungsvorschläge zur Diskussion anbietet.
Larissa Dämmig / ekz. bibliotheksservice
Ein politisch wichtiges und durch und durch empfehlenswertes Buch.
Charlie Kaufhold / kritisch-lesen.de
Neue Rezension
Im Soziologieblog, 15.Juli 2019
Die Sozialwissenschaftlerin, Autorin und Journalistin Kirsten Achtelik veröffentlichte 2015 das Buch „Selbstbestimmte Norm. Feminismus, Pränataldiagnostik, Abtreibung“ als Teil einer kumulativen Promotion. Weil die erste Auflage nahezu ausverkauft war und weil es weiterhin das einzig aktuelle Bewegungsbuch[i] im Bereich der Pränataldiagnostik (folgend PND) ist, haben Autorin und Verlag beschlossen, es erneut in gedruckter Form anzubieten. So erschien 2018 die überarbeitete, zweite Auflage. „Dies ist ein Bewegungsbuch, das nicht nur analysieren, sondern auch etwas verändern möchte.“ (S.13) Die Verknüpfung unterschiedlicher Interessengruppen im Feld der Schwangerenvorsorge (Frauenrechtsbewegung, Behindertenbewegung, Lebensschutzbewegung) wurde bisher in dieser Ausführlichkeit nicht erarbeitet. Damit schließt das Buch eine Lücke in der langjährigen Betrachtung der PND und zeigt deutlich die Verbindung zu anderen Forschungsfeldern auf wie zu den Disability Studies oder der Protestforschung. Außerdem vertritt sie eine Position, die ebenfalls bislang nicht ausreichend wissenschaftlich untermauert wurde: PND ist keine Erweiterung der reproduktiven Freiheiten, sondern schränkt diese in mehrfacher Weise ein. In Zeiten des akuten sozialen Wandels ist die Auseinandersetzung aktueller denn je und soll darum diskutiert werden.
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