Der Vorbericht zum nicht invasiven Bluttest (NIPT) ist im Dezember vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgelegt worden. In der Logik des Verfahrens verharrend weigert sich das IQWiG weiterhin, die gesellschaftlich eigentlich relevanten Fragen überhaupt zu stellen. Der Bericht beschränkt sich darauf, verschiedene Studien zu vergleichen – und das ist auch noch schlecht gemacht.
In: 244, Februar 2018, S. 31 – 32
Der Test auf Trisomie 21 aus dem Blut der Schwangeren ist seit 2012 auf dem deutschen Markt. Nach der Eröffnung eines Methodenbewertungsverfahrens im August 2016 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und der anschließenden Beauftragung des IQWiG mit der Überprüfung der Testqualität im Februar 2017, hat das Institut nun seinen Vorbericht vorgelegt.
Technische Probleme
Durch größere Mengen an Daten werden Studien statistisch besser, da die Rate der Standardfehler sinkt. Das funktioniert allerdings nur, wenn in Metastudien halbwegs gleichwertige Studien zusammengefasst werden. Wenn die gepoolten Daten qualitativ sehr unterschiedlich sind, erzeugt man eine künstliche Effizienzsteigerung durch die höhere Teilnehmer*innenzahl – schlechte Daten werden künstlich aufgewertet. Das IQWiG gibt an, „in vielen“ der verwendeten Studien seien keine Grenzwerte zwischen Risikoschwangerschaft und Nichtrisikoschwangerschaft genannt, auch würden die Kriterien zur Definition einer Risikoschwangerschaft zwischen den verschiedenen Studien variieren. Der in der Pränataldiagnostik verwendete Risikobegriff ist hochumstritten, und ermittelte Risikowerte treffen nur Aussagen über individuelle Wahrscheinlichkeiten in Bezug auf die Gesamtbevölkerung, nicht über ein reales individuelles Risiko. Bei den Hochrechnungen der NIPTs macht es für die Testgüte einen großen Unterschied, ob es sich um Gruppen von Hoch- oder Niedrigrisikokoschwangeren handelt, worauf der Deutsche Ethikrat bereits 2013 hingewiesen hat. In die Metastudie des IQWiG-Vorberichtes ungeachtet dieser methodischen Probleme alle 19 Studien gleichwertig einzubeziehen, verfälscht das Ergebnis potenziell stark. Das bei 14 Studien als hoch bewertete Verzerrungspotential ist ein weiteres gravierendes Problem – teilweise war die Verblindung unklar, teilweise die Abklärung, ob wirklich eine beziehungsweise keine Behinderung des Fötus vorlag und wie dies festgestellt wurde.5 Ohne eine zweifels- und fehlerfreie Feststellung, ob die Behinderung tatsächlich vorlag, sind diese Studien zur Feststellung der Testgüte ungeeignet. Der Vorbericht lässt offen, warum diese Studien trotz dieser Probleme in die Metastudie einbezogen wurden. Einzig im Fazit wird ausgeführt, die „Ergebnisse der niedrig verzerrten Studien unterscheiden sich bei der Erkennung der Trisomie 21 jedoch kaum von den Ergebnissen der potenziell hoch verzerrten Studien“ – mit der gleichen Begründung hätte man sie aber auch problemlos ausschließen können. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe kommt in ihrer Stellungnahme zu dem Vorbericht zu einem anderen Schluss: Die Einbeziehung der Studien mit hohem Verzerrungspotential führe „zu anderen Ergebnissen bezogen auf die Vorhersagekraft und Validität der gepoolten Ergebnisse – aus unserer Sicht widerspricht dies einer nach objektiven Kriterien durchgeführten Analyse“.
Ganzer Text mit Fußnoten hier.