Statt Islamismus sinnvoll zu bekämpfen, überschlägt sich die Politik mit platten Forderungen. Ein Kommentar bei Belltower News, 26.8.2024
Drei Menschen sind tot, acht weitere teilweise schwer verletzt im Krankenhaus. Der mutmaßliche Täter ist mittlerweile gefasst, die islamistische Terrororganisation Daesh (Islamischer Staat) hat sich zur Tat bekannt.
Politiker*innen fast aller Parteien überbieten sich nach dem Anschlag auf die Besucher*innen des Solinger Stadtfest mit populistischen Forderungen und Ankündigungen: Abschieben, Messerverbote, Grenzen dicht.
Das Bedürfnis nach Schutz und unbeschwertem Feiern ist verständlich und nachvollziehbar. Ein vollkommen sicheres Leben ist jedoch nicht möglich. Erst recht nicht mit reiner Symbolpolitik auf dem Rücken von Geflüchteten. Stattdessen bedrohen Maßnahmen, die die Rechte und Möglichkeiten von Geflüchteten einschränken, „unsere Lebensweise“ (Olaf Scholz), die damit angeblich geschützt werden soll.
Es gibt unter den nach Deutschland Geflüchteten Islamist*innen und religiöse Fundamentalist*innen. Im Normalfall leiden darunter besonders andere Geflüchtete, die queer sind, alleinerziehende Mütter oder einfach nicht religiös. Sie müssen mit diesen religiösen Extremist*innen in Heimen zusammen leben. Das ist der Mehrheitsgesellschaft in der Regel aber völlig egal, die Menschen werden jahrelang auf engem Raum zusammengepfercht und sollen noch dankbar sein, überhaupt hier bleiben zu dürfen. Diese Menschen werden am meisten darunter leiden, wenn Deutschland sich weiter abschottet und Abschiebungen intensiviert.
Fluchtursachen nehmen zu, in Syrien tobt ein jahrelanger Bürgerkrieg, in Afghanistan haben die Taliban erst in der vergangenen Woche mit einem „Tugendgesetz“ Frauen die vollständige Verschleierung auch des Gesichts vorgeschrieben und Homosexualität verboten. Die mit dem Truppenabzug verbundenen Zusagen eines Aufnahmeprogramms für Geflüchtete hat Deutschland nie eingehalten. Vor dem „Islamischen Staat“ aus ihren Herkunftsländern geflohenen Yezid*innen sind zurzeit massiv von Abschiebungen zurück zu ihren Peiniger*innen bedroht. Gewaltbereite Islamisten in diese Länder abzuschieben löst hier wenig bis nichts, kann aber die Probleme vor Ort massiv verschärfen.
Der mutmaßliche Täter von Solingen hat in Deutschland Asyl beantragt, aber aufgrund der Dublin Regeln hätte er den Antrag in Bulgarien stellen müssen. Dahin hätte er im vergangenen Jahr abgeschoben werden sollen. Wäre es besser gewesen, wenn Issa al H. ein Stadtfest in Bulgarien statt in Solingen angegriffen hätte? Für die Politiker*innen, die nun härtere Grenzkontrollen und schnellere Abschiebungen fordern, anscheinend schon.
Wenn internationale terroristische Organisationen Anschläge in Europa verüben wollen, müssen sie aber nicht den langwierigen Weg gehen, Täter*innen über Asylverfahren einzuschleusen. Islamismus ist eine faschistische Ideologie. Islamist*innen, Fundamentalist*innen und gewaltbereite Rechtsextreme müssen nicht erst einreisen, sie leben längst hier und sind Deutsche. Der Anschlag von Solingen ist der schlimmste islamistische Anschlag seit dem Attentat auf den Berliner Breitscheidplatz 2016. Allerdings handelt es sich dabei nicht um die beiden einzigen Terrortaten. Die Attentäter von Halle 2019 und Hanau 2020 sind in Deutschland geboren. Keine Abschiebung hätte ihre Morde verhindern können. Wie deutsche gewaltbereite Nazis kann man auch deutsche gewaltbereite Islamist*innen nicht einfach abschieben. Gegen menschenfeindliche Ideologien braucht es andere Maßnahmen.
Effektive und nachhaltige Konzepte gegen Islamismus und Faschismus werden aber nicht diskutiert. Erst Ende Juli hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) immerhin das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) verboten, liberale und Ex-Muslime warnen seit Jahren vor der islamistischen Propaganda des Vereins. Eine kohärente Politik gegen Islamistische Strömungen lässt jedoch trotzdem auf sich warten.
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach in der Pressekonferenz in Solingen am Montagmittag von seinem „Zorn“ auf Islamisten, den „bösen Straftätern“, von denen „wir“ uns unser friedliches Miteinander nicht „kaputt machen“ lassen würden. Zornig, böse, kaputt machen? Eine tiefschürfendere Analysen von gesellschaftlichen Spannungen bleibt zu wünschen. Gerade angesichts der drohenden Wahlerfolge der AfD in den anstehenden Landtagswahlen ist das Verhalten der regierenden Politiker*innen bedrohlich unterkomplex.