Die Ampel will das Informationsverbot über Schwangerschaftsabbrüche abschaffen. Es ist ein erster Schritt – doch auch er geht nicht weit genug. Kommentar im Freitag vom 20.01.2022
Kaum jemand hätte wohl gedacht, dass der Erfolg eines feministischen Kampfes dieses Gesicht tragen wird: Justizminister Marco Buschmann von der FDP hat einen Entwurf zur Aufhebung des Verbots der „Werbung für den Schwangerschaftsabbruch“ vorgelegt. Den Strafrechtsparagrafen 219a hatten christlich-fundamentalistische Abtreibungsgegner*innen genutzt, um gegen Ärzt*innen vorzugehen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen: Wenn sie über die Art der Durchführung auf ihrer Homepage informierten, konnte man sie über Paragraf 219a anzeigen und strafrechtlich verfolgen. Die große Koalition hatte den Paragrafen zwar bereits 2019 entschärft, eine Streichung war aber an der Union und dem fehlenden Mut der SPD gescheitert.
Das Informationsverbot über Schwangerschaftsabbrüche erschwert ungewollt schwangeren Personen den Zugang zu Informationen und die freie Arztwahl, das verletzt ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht – so steht es nun im Gesetzesentwurf. CDU und CSU warnen noch immer davor, dass damit tatsächliche „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche legalisiert werden könnte – doch vermutlich ist sogar den meisten Abgeordneten der Union klar, dass es solche Werbung auch ohne ein Verbot nicht geben wird. Die Christdemokratie war jedoch darauf bedacht, konservative Wähler*innen aus der „Lebensschutzbewegung“ nicht an die AfD zu verlieren.
Ein großer Sieg für die Frauenrechte ist dies jedoch nicht: Das Informationsverbot an sich ist ein nachgelagertes Problem, die Crux ist das fortbestehende Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition lagert die Beschäftigung mit dem Paragrafen 218 in eine noch zu gründende Kommission aus. Der aktuelle Gesetzesentwurf lässt in dieser Hinsicht nichts Gutes ahnen: Er ist voller positiver Bezüge auf das verpflichtende „Beratungskonzept (…) zum Schutz des ungeborenen Lebens“. Dabei ist auch dieses von den Vereinten Nationen als Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung gerügt worden. Wie viel Druck allein nötig war, um die Information über Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren, zeigt den bedauerlichen Stand des Kampfes gegen die Bevormundung von Frauen in Deutschland. Da wird noch viel mehr Puste gebraucht.